Aktuelles & Geschichten des SV 1911 Traisa e.V.

Verdiente Mitglieder

Verein

Erinnerungen an Heinrich Plößer, den ersten Ehrenvorsitzenden des SV 1911 Traisa

Im Rahmen unseres Weinfestes am 6. Oktober 1990 wurden Vereinsmitglieder für ihre langjährige Mitgliedschaft beim SV Traisa geehrt.

„Für 70-jährige Vereinsmitgliedschaft ehren wir …“ hörte ich unseren 1. Vorsitzenden Hans-Edgar Bickelhaupt sagen und dachte mir im Stillen: Hm, 70 Jahre … das ist ja ein ganzes Leben lang. Ein Leben lang Treue in und für unseren Verein.

Ist solche eine stolze Bilanz heute überhaupt noch möglich, in einer Zeit, die durch Kurzlebigkeit und häufigen Wandel geprägt ist?

Diese Überlegungen und die Erkenntnis, dass es hier in und um Traisa eine Vielzahl von Menschen gibt, die über viele, viele Jahre in und für den SV 1911 Traisa leben bzw. gelebt haben, haben mich bewogen, solche Vereinsmitglieder vorzustellen, die Vereinstreue und außerordentliches Vereinsengagement bewiesen haben.

In Absprache mit dem Hauptvorstand und das Einverständnis des entsprechenden Mitgliedes vorausgesetzt, möchte ich versuchen, Ihnen Personen sowie deren Erinnerungen und Gedanken zum Verein nahe zu bringen.

Beginnen möchte ich heute mit unserem Ehrenvorsitzenden, Herrn Heinrich Plößer.

Mit 16 Jahren Eintritt in den Verein

Heinrich Plößer wurde am 29. März 1904 in Nieder-Ramstadt geboren. Kurze Zeit später zogen seine Eltern jedoch nach Traisa in die Ludwigstrasse, wo er mit seinen zwei Schwestern und seinem Bruder aufwuchs.

Am 23. Januar 1920 trat er als mittlerweile 16-jähriger in die Gesellschaft „Fidelio Traisa“ (dies war der Gründungsname des heutigen SV 1911 Traisa) ein, in welchem Sport, Spiel und Geselligkeit gepflegt wurde.

Im Beitrittsjahr von Heinrich Plößer hatte der Verein seine erste Krise bereits überstanden, denn in der Zeit des ersten Weltkrieges war er aufgrund der herrschenden politischen Verhältnisse verboten.

Die Vereinsmitglieder von damals waren ausnahmslos junge Männer aus Traisa, die auf einem Spielfeld nahe des heutigen Cafe Trautheim ihrem Hobby, dem Fußballspielen, nachgingen.

Man spielte zunächst „nur“ Freundschaftsspiele gegen andere Vereine, wobei Auswärtsspiele für heutige Verhältnisse arg mühsam erricht wurden. Entweder machte man sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Weg ( beispielsweise bis nach Gross-Zimmern , wobei der Mitspieler oder die Freundin auf der Querstange mitgenommen wurde. Manchmal konnte aber auch ein LKW mit offener Pritsche samt Fahrer organisiert werden, der die Mannschaft zu des Gegners Fußballplatz chauffierte.

 

Pflaumenbaum in der Mitte des Spielfelds

Bis zum Jahr 1922 spielten auf dem besagten Feld zwei Traisaer Mannschaften. Heinrich Plößer war Verteidiger der ersten Mannschaft. Die Besonderheit dieses Platzes war ein Pflaumenbaum, der mitten im Spielfeld stand und nicht gefällt werden durfte. So standen den Stürmern neben den gegnerischen Verteidigern auch noch dieses natürlich Hindernis im Weg – ein Umstand, der im gesamten Landkreis einmalig war.

Meine Frage nach der Sportausrüstung beantwortete mir Heinrich Plößer mit einem schmunzelnden Blick. Als Fußballschuhe dienten damals normale Gehstiefel, die mit selbstgedrehten, aufgenagelten Lederstollen versehen wurden.

Der Ball bestand aus grob zusammengenähten Lederflicken mit eingefügter Blase. Durch eine Nahtöffnung, die mit Lederriemen zusammen geschnürt werden konnte, erreichte man die Stelle, an der die Blase mit Luft befüllt werden konnte. Gehörigen Respekt genoss solch ein Ball beim Kopfballspiele. Denn traf diese geschnürte Naht auf die Stirn, trug man gewaltige Schmerzen und bleibende Abdrücke davon. Bei Regen sog sich das Leder voll Wasser und verhalf dem Ball zu einem Gewicht eines Medizinballes. Löste sich aber diese Naht im Verlauf eines Spiels ( und sei oft vorgekommen ), wurde der Ball zu einer unberechenbaren „Pille“ und verlor nach und nach die Luft. Da meist nur ein Ball zur Verfügung stand, war das Spiel entsprechend früh beendet.

 

Beruf und Familie

Nach dem Ende seiner Schulzeit trat Heinrich Plößer im Alter von 18 Jahren in die Dienste der Firma Merck, bei der auch sein Vater beschäftigt war. 1929 schloss er die Ehe mit seiner Frau Katharine in der evangelischen Kirche in Nieder-Ramstadt. 1935 wurde deren Sohn Rudi geboren. Aus dessen Ehe entstammen Armin und Jörg, sodass Heinrich Plößer in seiner Nähe zwei Enkelkinder heranwachsen sehen konnte. 1937 bezog die Familie das eigene Haus in der Goethestrasse  in Traisa, in welchem er noch heute lebt.

Während der Jahre des 2. Weltkrieges  wurde der inzwischen „Sportverein 1911 Traisa“ erneut verboten.

Kurz vor Ende des Krieges, im Januar 1945, wurde Heinrich Plößer zur Wehrmacht eingezogen und geriet in französische Kriegsgefangenschaft. Erst 1948 kehrte er nach Traisa zurück. 

Da sein Sohn mittlerweile auch mit dem Fußballspielen beim SV Traisa begonnen hatte, widmete er sich in seiner Freizeit erneut seinem alten Verein.

Diesem stand im Übrigen seit 1922 ein neues Sportfeld zur Verfügung – der „alte Sportplatz“ befand sich auf dem Wohngebiet des heutigen Kiefernwegs in Traisa.

 

1. Vorsitzender des SV 1911 im Jahr 1950

1950 übernahm Heinrich Plößer den Vereinsvorsitz. In seiner Amtszeit wuchs die Mitgliederzahl stetig, der Verein verwurzelte sich fest im örtlichen Vereinsgeschehen und fand große Anerkennung in der Bevölkerung. Sportliche Erfolge und Geselligkeit, siehe auch der Gründungszweck von „Fidelio Traisa“, waren auch seine Ziele, die der SV Traisa erreichen sollte.

Neben der Qualität ( es wurden gute bis sehr gute Tabellenplätze erreicht ) stimmte in Traisa auch die Quantität. Bis zu sieben verschiedene Mannschaften, deren Spieler fast alle auch Traisa stammten, spielten hier Fußball. Das einzige Spielfeld war immer voll ausgelastet.

Neben dem aktiven Spiel ( z.B. bei Einlagespielen ) machte es sich Heinrich Plößer zur Aufgabe, all den anderen Mannschaften des Sportvereins so oft wie möglich als Zuschauer beiseite zu stehen. So begleitete er auch die Jugendmannschaft seines Sohnes, die zumeist in öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Auswärtsspielen unterwegs waren.

Die Fußballbegeisterung in Traisa war gewaltig, bis zu 500 Besucher pro Heimspiel, in fast jedem zweiten Haus haben ein Herz für den SV 1911 geschlagen.

Das der Sportverein 1911 Traisa die zweite Heimat eines jeden Mitglieds war, bewies auch die Tatsache, dass die in den 50-er Jahren beginnenden Vereinsreisen sehr beliebt waren. So gehörte Heinrich Plößer neben Hermann Fischer und Karl Kredel dem ersten Reiseausschuss an.

Die Fahrten nach Schleching am Chiemsee waren so gefragt, dass teilweise mehrere Reisebusse angemietet werden mussten. Bei einer Fahrt nahm der Sportverein zwecks geselliger Unterhaltung der gastgebenden Mannschaft gar eine eigenen Musikkapelle mit nach Bayern. Die erste „Auslandsfahrt“ führte nach Berschweiler ins Saarland, welches erst ein später von Frankreich an Deutschland zurück gegeben wurde.

 

50-jähriges Vereinsjubiläum

1961 feierte der SV Traisa mit Heinrich Plößer an der Spitze sein 50-jähriges Bestehen.

Dieses Jubiläum wurde zu einem wahren Volksfest. Buntgeschmückte Ortseingänge kündeten die großen Feierlichkeiten an, welche auf dem Gelände des heutigen Bürgerhauses stattfanden.

Viele eifrige Helfer waren der Garant dafür, dass dieses Fest zu einem unvergesslichen Moment in der Vereinsgeschichte wurde. Bemerkenswert war der damalige Besuch der amerikanischen Fußballmannschaft aus St. Elisabeth.

Im Jahr darauf begann der Bau der neuen Sportanlage „Am Roten Berg“, denn der bisherige Sportplatz konnte den Spielbetrieb kaum noch verkraften. Als 1. Vorsitzender führte Heinrich Plößer nicht nur viele Gespräche mit den entscheidenden Personen, wie Bürgermeister Kurt Dehnert und Landrat Gustav Krämer, sondern legte in einer Vielzahl von freiwilligen Arbeitsstunden selbst Hand an.

Überhaupt muss erwähnt werden, dass diese Sportanlage ohne den Arbeitseinsatz und Idealismus  vieler Vereinsmitglieder nicht hätte entstehen können. Auf dem jetzigen Sportareal standen ca. 1.600 Bäume. Holzfäller aus Österreich halfen beim Fällen  und beim Abtransport der Bäume. Das Geäst und das Wurzelwerk wurden in mühevoller Arbeit zusammengetragen und auf einem gewaltigen Scheiterhaufen verbrannt. Amerikanische Soldaten, vom damaligen 2. Vorsitzenden Werner Möller organisiert, ebneten mit schwerem Gerät das Gelände, das einen Höhenunterschied von bis zu 16 Meter aufwies. Nachfragen ergaben, dass die Gemeinde für diesen Einsatz nur das Dieselöl für die Motoren und den „Sprit“ für die Fahrer zu leisten hatte.

In seiner Amtszeit durfte Heinrich Plößer den Hartplatz im Jahr 1963 und den Rasenplatz im Jahr 1966 seiner Bestimmung übergeben.

 

16 Jahre an der Spitze des Vereins

Im selben Jahr gab er nach 16-jähriger Amtszeit den Vereinsvorsitz an Klaus Valter ab. Seit dieser Zeit ist Heinrich Plößer Ehrenvorsitzender des Sportverein 1911 Traisa.

Doch dies allein ist wohl nicht der Grund, warum er bis zum heutigen Tag noch für seinen Verein lebt, denkt und handelt.

Der SV ist sein Verein, es ist der Verein, in dem er aufwuchs, der ihm gesellige Geborgenheit gab und den er in den Nachkriegsjahren nach oben führte.

Noch bis vor zwei Jahren versäumte er keine Hauptvorstandssitzung. Er besuchte gerne die Weihnachtsfeiern, vor allem die der Jugendmannschaften. Er ist Mitglied im Jugendförderkreis und organisierte bis zur letzten Saison die Kassiererdienste bei den Fußballheimspielen. Dadurch, dass er die Protokolle der Hauptvorstandssitzungen erhält und aufgewahrt, ist er in Sachen SV 1911 Traisa stets auf dem Laufenden.

Außerdem verfügt er über eine Vielzahl von geschichtsträchtigen Dokumenten rund um seinen Sportverein, die mir beim erstellen dieses Berichtes eine große Hilfe waren.

Die Treue von Heinrich Plößer zu etwas Begonnenem zeigt sich auch in der tatsche, dass er der Firma Merck als Leiter einer Abfüllgruppe über 50 Jahre angehörte und dass er zum Weihnachtsfest 1990 von der Chorgemeinschaft Traisa für gleichfalls 70 Jahre Vereinszugehörigkeit gewürdigt wurde.