Aktuelles & Geschichten des SV 1911 Traisa e.V.

Verdiente Mitglieder

Verein

Und jetzt kommt der Zehnkampf – Für Alfred Fischer ist Alter nicht gleich Ruhestand

In meinem heutigen Bericht über “langjährige und verdiente Mitglieder des SV 1911 Traisa” möchte ich Ihnen heute Alfred Fischer vorstellen.

Die Ernennung zum Ehrenmitglied wurde ihm beim letztjährigen Weinfest zuteil- seine Verdien­ste um die Jugendarbeit und im Bauausschuss als Planer und Bauleiter des jüngst erstellten Mehrzweckspielfeldes erbrachten ihm diese Ehrung. Obwohl in diesem Zusammenhang schon recht viel über Alfred Fischer berichtet wurde, möchte ich ihn mit meinem Bericht noch ein wenig mehr “beleuchten”.

 

Mit 17 Jahren in Gefangenschaft

Alfred Fischer wurde am 25. August 1927 in Nieder-Ramstadt geboren, sein Geburtshaus stand in der Stiftstraße. Bis 1941 besuchte er die Nieder-Ramstädter Schule und begann anschließend eine Lehre als Vermessungstechniker bei der Flurbereinigungsbehörde. Nach seiner Lehrzeit studierte er noch ein Semester an der früheren Staatsbauschule in Mainz. 1944 wurde er jedoch – noch keine 18 Jahre alt – zum Arbeitsdienst und zum Militär gerufen und geriet bei Kriegsende 1945 in russische Gefangenschaft. Für die folgenden viereinhalb Jahre wartete harte und für ihn und viele Kameraden lebensbedrohende Arbeit in einem Bergwerk in Stalino unter Tage standen mindestens zehn Stunden körperliche Arbeit pro Tag unter primitivsten Verhältnissen an.

Seiner körperlichen Fitness (er war aktiver Ringer beim KSV Nieder-Ram­stadt) verdankte es Alfred Fischer, dass er im Jahr 1949 zwar krank aber noch am Leben die Heimat wiedersehen durfte. Seine Jugendzeit, so bemerkt er, ver­schwand in der Gefangenschaft.

Durch den 2. Weltkrieg verlor er auch seine zwei älteren Brüder. Dies veranlasste seinen Vater im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge tätig zu wer­den. Nach dem Tod des Vaters übernahm Alfred Fischer das Amt des Vorsitzen­den der Ortsgruppe Nieder-Ramstadt/Traisa.

 

Arbeit fern der Heimat

Im Jahr 1951 setzte er sein Studium für Vermessung und Tiefbau an den Fachhochschulen Mainz und Darmstadt fort. Nach erfolgreichem Abschluss im Jahr 1953 begann seine Auslandstätigkeit bei der Frankfurter Firma “HoIz­mann”. Zunächst verbrachte unser heutiges Ehrenmitglied vier Jahre in der Türkei, wo er am Bau einer Talsperre mit Stollenbau beteiligt war (für mich war es mal ganz interessant zu erfahren, wie ein solch massives Werk überhaupt entsteht). Danach folgten zwei Jahre im Sudan – man schuf einen Bewässerungs­kana1 zwischen dem blauen und weißen Nil. Die Temperaturen in den Tropen führten zu einem ungesunden “Arbeitsklima” – trotz Tropentauglichkeit mussten damals viele Mitarbeiter nach Hause geschickt werden. Alfred Fischer überstand jedoch nicht nur diese Zeit; er begab sich danach für zwei weitere Jahre nach Malaysia. Dort erbaute man eine Talsperre, Straßen und ein Kavernenkraftwerk (Höhlensystem im Erdinneren) im Dschungel.

Im Jahr 1961 kehrte er nach Deutschland zurück und machte sich selbständig. Seitdem betreibt er in Traisa ein Büro für Tiefbau und Vermessung. Auftragge­ber sind vorwiegend Kommunen. Straßen-, Kanal- und Wasserläufe müssen geplant, vermessen und gebaut werden. 1968 schloss Alfred Fischer die Ehe mit seiner jetzigen Frau Herta. 1969 wurde sein Sohn Jörg, 1971 seine Tochter Dagmar geboren.

 

Sportliches Engagement

Während der Jugendzeit seiner Kinder war Alfred Fischer äußerst aktiver Betreuer der Fußballjugend beim SV Traisa und der Leichtathletikabteilung der TG Traisa.

Darüber hinaus fuhr und fährt er gerne Ski und war regelmäßiger Teilnehmer am Frankenstein-Turnfest.

Aus dieser Aktivität erwuchs seine große Leidenschaft, der Seniorensport in der Leichtathletik.

Erstmals vor fünf Jahren nahm er an einem Sportfest auf Kreis-, Bezirks- und Hessenebene teil und hatte sofort Erfolg. In seiner Altersstufe stehen ihm zumeist mehrere Teilnehmer in den verschiedensten Disziplinen gegenüber – sie sind alle gut trainiert und motiviert. Auf solchen Sportfesten qualifiziert man sich für deutsche Meisterschaften, dort wiederum für Europa- und Weltmeisterschaften.

All diese Hürden nahm der heute 66jährige und startete bereits bei den Euro­pameisterschaften 1990 in Budapest und 1992 in Kristianssand/Schweden. Er beteiligte sich bisher an vier Disziplinen: dem Lauf über 100, 200 und 400 Meter und dem internationalen Fünfkampf (Weitsprung, Speerwurf; Diskuswurf, 200­ Meter-Lauf und 1500-Meter-Lauf). Höhepunkt seines aktiven Seniorensports (es können Sportler ab dem 30. Lebensjahr in verschiedenen Altersstufen daran teilnehmen) war aber die Teilnahme an den Leichtathletik-Senioren-Weltmeister­schaften in Miyazaki/Japan im Oktober 1993. Von den insgesamt etwa 7000 Sportlern kamen 300 aus Deutschland. Bei den 80 bis 100 Teilnehmern je Diszi­plin erreichte Alfred Fischer in seinen Einzeldisziplinen leider keine vordere Platzierung; in der deutschen Nationalstaffel der 65- bis 70jährigen errang er über 4 x 100 und 4 x 400 Meter jedoch jeweils einen beachtlichen 6. Platz. (Nur zur Information: Alfred Fischers aktuelle Bestzeit über 100 Meter steht bei 14,0 Sekunden (in Japan lief der schnellste Athlet in seiner Altersklasse 13,04 Sekun­den!), über 200 Meter bei 29,9 Sekunden.

 

Kein Einzelkämpfer mehr

Der deutsche Leichtathletik-Seniorensport wird ausschließlich von Amateuren betrieben, in der Vorbereitung gehe es jedoch schon profihaft zu, erzählt mir Fischer. Er ist froh, mit dem TSV Eschollbrücken-Eich einen Verein gefunden zu haben, der mit seiner Trainingsqualität- und -quantität seinen Vorstellungen voll entspricht. Gemeinsames wöchentliches Training und gemeinsame Teilnah­me an den Wettkämpfen führen zu sportlich guter Leistung und zu nicht minder wichtiger Geselligkeit. Vorbei sind die Tage, so Fischer, als er alleine mit dem Auto zu einem Sportfest “im letzten Winkel” der Pfalz unterwegs war und er nach anstrengender Odyssee feststellen musste, dass durch eine Namensgleichheit der Orte der Wettkampf ganz woanders stattfand. Alfred Fischer hat auf Kreis­- und Bezirksebene seit seiner sportlichen Tätigkeit in den letzten Jahren ungefähr 50 Titel in Einzel- und Mannschaftsdisziplinen errungen, in der hessischen und deutschen Bestenliste sei er mehrfach vertreten, ergänzt er.

Einen kleinen Ausblick auf die nächste Saison, in welcher er ja schon seinen 67. Geburtstag feiern wird, hat mir unser Ehrenmitglied am Ende unseres Ge­spräches auch gegeben: Er möchte sich an den Zehnkampf’ “heranwagen”. Zehnkampf; das bedeutet für ihn unter anderem die neuen Disziplinen Hürden­lauf und, man höre und staune, den Stabhochsprung!

Ich wünsche Alfred Fischer, und damit möchte ich meinen kleinen Bericht schließen, dass er in Zukunft seine Ziele (auch die hohen Ziele in Form der Messlatte beim Stabhochsprung) bei bester Gesundheit und vollster Zufriedenheit erreichen möge.

Ich danke ihm nochmals für seine Bereitschaft zum Gespräch und wünsche ihm als auch Ihnen ein schönes neues Jahr 1994.